Pressemitteilung
Stellungnahme der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) Leipzig zum Internationalen Tag der biologischen Vielfalt
Die ehemalige Deponie Seehausen, das Jahrtausendfeld, der Robert-Koch-Park und viele mehr – zum Internationalen Tag der biologischen Vielfalt am 22. Mai
Wir leben im sechsten Massensterben biologischer Arten und erleben immer wieder die heftigen Folgen des menschengemachten Klimawandels. Beides wird sich aller Voraussicht nach in den kommenden Jahren noch verschärfen. Wir wissen zwar noch nicht, mit welchen Belastungen und Extremwettern der Sommer dieses Jahr in Deutschland und Leipzig aufwarten wird, doch eins ist gewiss – wir müssen uns anpassen. Jetzt ist die Zeit, konsequent und vorausschauend zu handeln und dabei die Ökologie stärker als bisher in den Fokus zu stellen.
Und damit ist auch die Stadt Leipzig gemeint, die mehr tun muss für Grünerhalt, Klimaanpassung und Vorsorge. Angesichts vergangener Entscheidungen und aktueller Diskussionen muss der Leipziger Stadtrat, der in wenigen Wochen neu gewählt wird, die richtigen, wegweisenden Entscheidungen über Maßnahmen für diese Ziele schleunigst voranbringen. Der Umgang mit der ehemaligen Deponie Seehausen im Norden von Leipzig ist ein mahnendes Beispiel für fehlgeleiteten Klimaschutz und falsche Maßnahmen: anstatt im Sinne des ökologischen Werts die biologische Vielfalt und die naturnahe Fläche dieser grünen Oase zu schützen, soll eine riesige Photovoltaikanlage auf der ehemaligen Deponie entstehen. Dabei geht wertvoller Naturraum verloren und Tierarten werden verdrängt. Und das, obwohl PV-Anlagen auch anderswo, etwa auf den Dächern der Stadt, gebaut werden können. Denn dort und auf anderen versiegelten Flächen ist Platz für die nachhaltige Energieerzeugung, die uns wertvolle Habitate erhalten und dem ebenso wichtigen Ziel der dezentralen und klimaneutralen Stromerzeugung näher bringen würde. Für mehr PV-Anlagen auf Dächern könnte es deshalb eine Pflicht für städtische Gebäude, Anreize und gezielte Förderung geben.
Aktuelle Studien zeigen, dass Zerstörung von Lebensräumen durch Flächenversiegelung, Landwirtschaft und weitere menschliche Aktivitäten die Hauptfaktoren für den Rückgang der Artenvielfalt sind. Ab Mitte dieses Jahrhunderts wird sich das ändern, dann ist sehr wahrscheinlich der Klimawandel Haupttreiber des Artenschwunds. Deshalb müssen auch die Kommunen gegensteuern und neben mehr Klimaschutz die weitere Versiegelung von Flächen stoppen, das gilt zum Beispiel für das Jahrtausendfeld am Karl-Heine-Kanal. Hier besteht noch Hoffnung für den Erhalt und Schutz intakter Grünfläche im Sinne der Menschen und Tiere in der Stadt. Darüber hinaus braucht es Maßnahmen zur Fassaden- und Dachbegrünung, für naturnahe Wiesen, Frischluftschneisen und Schatten spendende Stadtbäume überall in der Stadt, die nicht nur den heimischen Arten zugutekommen, sondern auch den Menschen Kühlung und saubere Luft spenden. Diese stadtklimarelevanten Aspekte sind nicht nur Teil der Klimaanpassung sondern auch des Gesundheitsschutzes, besonders für vulnerable Gruppen. Sie müssen bei allen Planungen für Gebäude und Flächennutzung höchste Priorität haben und von der Verwaltung konsequent eingefordert werden damit wir eine klimaresiliente Stadt werden. In Stadtteilen wie Grünau, mit vielen Familien, Kindern und Senioren sind naturnahe Orte, wie der Robert-Koch-Park, nicht nur für die Begegnung wichtig sondern leisten an heißen Sommertagen, von denen wir immer mehr in Leipzig bekommen, einen kühlen Rückzugsort. Hohe, alte Bäume spenden Schatten, binden Schadstoffe aus der Luft und dürfen nicht für Umbau- oder Erschließungsmaßnahmen gefällt werden.
Das gilt besonders, wenn zur Bebauung durch die Stadt oder Unternehmen Fläche versiegelt werden soll. Deshalb ist es essentiell wichtig, dass die Stadt möglichst viele Flächen selbst behält oder zurück erwirbt. Dass bezahlbarer Wohnraum, Schulen und andere Gebäude entstehen müssen, steht außer Frage, doch dies muss vorrangig auf bereits versiegelter, stadteigener Fläche und nach hohen sowie nachhaltigen Baustandards geschehen. Wenn für den (Rück-)Kauf von Flächen für diese nachhaltigen Ziele ungerechtfertigte Summen verlangt werden oder Verkäufer sich nicht im Sinne des Gemeinwohls und einer nachhaltigen Stadtentwicklung mit der Stadt einigen können, darf notfalls auch enteignet und entschädigt werden. Dass das möglich ist, zeigte die Rechtsprechung schon in den 1960er Jahren. Nur so werden wir zukünftig in einer sicheren und klimaresilienten Stadt leben können, die den Herausforderungen durch Klimawandel und Artenschwund wirklich etwas entgegensetzen kann und zwar im Sinne des Gemeinwohls, für Menschen und Natur.